Hintergrund
Die Baubranche ist besonders, auch in Sachen Urlaubsanspruch. Viele Arbeitnehmer sind nicht das ganze Jahr am Stück im selben Betrieb beschäftigt. Damit ihnen dadurch keine Nachteile entstehen, gibt es seit nunmehr 75 Jahren das tarifliche Urlaubsverfahren.
Bei Anwendung des Bundesurlaubsgesetzes hätte der Arbeitnehmer nämlich erst nach ½ Jahr Beschäftigung Anspruch auf einen vollen Jahresurlaub. Bei kürzeren Arbeitsverhältnissen wäre der Urlaub bei Beendigung auszuzahlen. Der Arbeitnehmer hätte dann zwar Anspruch auf die Urlaubsvergütung, nicht aber auf den ihm zustehenden Freizeitanspruch. Eine zusammenhängende Urlaubsgewährung wäre somit nicht möglich.
Aus diesem Grund regeln die Tarifvertragsparteien seit 1949 das Urlaubsverfahren im Baugewerbe durch Tarifvertrag. Hierzu gründeten sie die Urlaubskasse als gemeinsam getragene Einrichtung und ermöglichen damit die Übertragung der Ansprüche innerhalb der Branche. Die Rückstellung für die Urlaubsvergütung erfolgt somit nicht im Betrieb, sondern in der Kasse.
Die Teilnahme an diesen Verfahren ist Pflicht aufgrund der für allgemeinverbindlich erklärten Tarifverträge des Baugewerbes.
Vorteile des Kassenverfahrens
Das tarifliche Urlaubskassenverfahren und die weiteren Sozialkassenverfahren
gleichen branchenspezifische Nachteile aus (hohe Fluktuationsrate– Winterarbeitslosigkeit – projektbezogene Tätigkeit)
sorgen für gleiche Wettbewerbsbedingungen
sichern die Urlaubsansprüche der gewerblichen Arbeitnehmer und gewährleisten eine zusammenhängende Urlaubsnahme
steigern die Attraktivität der Bauwirtschaft und der Bauberufe (Stichpunkt Azubi-Gewinnung und Bindung von ausgebildeten Fachkräften)
Daraus ergeben sich für den Bauarbeitgeber konkret folgende Vorteile:
- Arbeitgeber müssen nicht bereits nach sechs Monaten Beschäftigung einen vollen Jahresurlaub zahlen
- Gewährung von Urlaub unabhängig von im Betrieb erworbenen Ansprüchen möglich
- Urlaubskosten werden gleichmäßig über das Kalenderjahr verteilt
- Einsatzflexibilität durch lange Urlaubsübertragung und Entschädigungsmöglichkeit
Entsendeverfahren
In dieses Verfahren sind seit 1997 auf Grundlage des Entsendegesetzes auch ausländische Baubetriebe, die Arbeitnehmer auf deutsche Baustellen entsenden, einbezogen. Damit sichern die Sozialkassen auch ausländischen Arbeitnehmern bezahlten Urlaub, gewährleistet insoweit gleiche Arbeitsbedingungen und wirkt dem Lohndumping entgegen, durch das Arbeitsplätze vernichtet werden. Lohndumping gefährdet die Qualität der Bauleistungen und verursacht Steuerausfälle sowie Einnahmeausfälle bei den Sozialversicherungen und bei den Sozialkassen.
Angesichts der EU-Osterweiterung und der damit für die Bauwirtschaft verbundenen Gefährdungen kommt dem Europaverfahren von SOKA-BAU bei einer sozial- und branchenverträglichen Gestaltung der EU-Osterweiterung eine herausragende Bedeutung zu.
Europäische Urlaubssysteme
Auch in den meisten unserer europäischen Nachbarländer gibt es spezielle Urlaubssysteme für baugewerbliche Arbeitnehmer sowie Organisationen, die solche Verfahren abwickeln. Mittlerweile bestehen fünf Kooperationen mit europäischen Urlaubskassen.
SOKA-BAU und SK Berlin
Das Urlaubskassenverfahren wird in Bayern von der UKB durchgeführt, für das übrige Bundesgebiet durch die SOKA-BAU bzw. in Berlin von der Sozialkasse des Berliner Baugewerbes.